Lagerzwang aufheben und Zelt-Lager Backnang schließen!
Seit 19. Oktober zwingt der Rems-Murr-Kreis etwa 150 Menschen dazu, in Zelten zu leben, in einer sogenannten Gemeinschaftsunterkunft in Backnang. In der Öffentlichkeit wird der Eindruck erweckt, es gäbe nun wirklich keine anderen Möglichkeiten mehr, ankommende Menschen unterzubringen. Das ist nicht wahr. Selbst Menschen, die andere Wohnmöglichkeiten haben, müssen ins Lager.
Zelte trotz ungenutzter Gebäude
Mit der Unterbringung in Zelten (LINK auf Bericht) missbraucht der Landkreis Menschen für eine politische Demonstration. Anlässlich der Eröffnung des Zelt-Lagers forderte Landrat Sigel einmal mehr, die „Flüchtlingsmigration“ müsse reduziert werden. Der Rems-Murr-Kreis stehe zu seiner humanitären Verpflichtung, stoße aber an die eigenen Leistungsgrenzen.
Während Menschen in Zelten frieren müssen, stehen Unterkünfte des Landkreises zumindest teilweise leer. Wir nennen als Beispiel Murrhardt-Oberneustetten. Dort hat der Landkreis 2015 ein ehemaliges Seniorenheim für zehn (!) Jahre angemietet. Mit der Absicht, dort bis zu zweihundert Menschen unterzubringen. Seit einigen Jahren ist das Gebäude ungenutzt und der Rems-Murr-Kreis zahlt womöglich sogar noch Miete für den Leerstand.
Herr Landrat, Sie hatten Ihre Demo, lösen Sie das Lager jetzt auf!
Wenn die „humanitäre Verpflichtung“ keine hohle Phrase sein soll, muss das Zeltlager aufgelöst werden.
- Nutzen Sie freie Plätze in anderen Unterkünften des Landkreises. Nutzen sie auch freie Kapazitäten in der Anschlussunterbringung, indem Sie Menschen vorzeitig dorthin entlassen.
- Lassen Sie Menschen aus den Lagern des Rems-Murr-Kreises gehen, die eine Wohnung gefunden haben oder bei Freunden oder Verwandten besser leben können. Auch im Zelt-Lager leben Menschen mit solchen Wohnalternativen.
Nach § 8 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes können Geflüchtete in der vorläufigen Unterbringung auch in Wohnungen untergebracht werden. Das geht auch bei Verwandten oder Bekannten.
Herr Landrat, Sie können das Zelt-Lager überflüssig machen und auflösen. Sie müssen nur wollen. Mit wenigen Sofort-Maßnahmen können Sie ohne großen Aufwand die Not der Menschen im Lager ein wenig lindern:
- Bringen Sie wenigstens die kranken und besonders schutzbedürftigen Menschen sofort in eine warme und geschützte Unterkunft. Ihre Mitarbeiter kennen die betroffenen Personen.
- Lassen Sie das zweite Küchenzelt öffnen. Dann können die Menschen aus dem Familienzelt die eine Küche benutzen und die Männer aus dem Männerzelt die andere.
- Lassen Sie weitere Decken ausgeben. Es wird kälter und schon jetzt frieren Menschen im Lager.
- Sorgen Sie für Sicherheit. Es darf nicht möglich sein, dass sich mitten in der Nacht maskierte Männer in den Schlafzelten herumtreiben.
- Informieren Sie die Menschen im Lager über Ihren Evakuierungsplan für Katastrophenfälle (Feuer, Sturm, Ausfall der Heizung bei Eiseskälte, Einfrieren der Sanitäranlagen, etc.).
Wir fordern eine unabhängige Inspektion des Zelt-Lagers Backnang
Wir haben wenig Anlass zu der Hoffnung, dass der Rems-Murr-Kreis seinen humanitären Verpflichtungen nachkommt. Wir fordern daher eine Inspektion des Lagers durch den Flüchtlingsrat Baden-Württemberg. Die Inspektion sollte Aspekte umfassen wie Menschenwürde und Menschenrechte, Kinderrechte und Kinderschutz, Situation von Menschen mit besonderem Schutzbedarf und Einhaltung technischer und baulicher Normen.
No Lager nowhere – Weg mit dem Lagerzwang
Das Zelt-Lager in Backnang ist nur ein Auswuchs des Lagersystems für geflüchtete Menschen. Es gab eine Zeit, da konnten geflüchtete Menschen direkt in Wohnungen unterkommen. Der Zweck des Lagersystems in Deutschland ist Abschreckung.
„Die Zahl der Asylbewerber ist erst gesunken, als die Buschtrommeln signalisiert haben – geht nicht nach Baden-Württemberg, dort müsst ihr ins Lager“ (Lothar Späth 1992, damals Ministerpräsident von Baden-Württemberg)
Der Lagerzwang muss für alle aufgehoben werden. Geflüchtete Menschen mit ukrainischem Pass können schon heute wohnen, wo sie wollen. Stand Juli 2023 leben daher nur 8 Prozent der ukrainischen Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften und fast 80 Prozent wohnen in privaten Wohnungen und Häusern. (Quelle https://mediendienst-integration.de/migration/flucht-asyl/ukrainische-fluechtlinge.html) Die Wohnsitzauflagen müssen aufgehoben werden, Freizügigkeit in alle Bundesländern muss für alle Geflüchteten gelten Alle Geflüchteten müssen gleiche Rechte haben.
Bezahlbarer Wohnraum statt rassistische Hetze
Bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Dennoch stehen immer noch sehr viele Wohnungen leer. Die meisten Bürgermeister im Rems-Murr-Kreis wissen nicht einmal, wie hoch der Leerstand in ihrer Gemeinde ist. Der soziale Wohnungsbau muss gestärkt werden.
Die meisten Parteien wollen weniger geflüchtete Menschen aufnehmen, sie wollen aber Fachkräfte abwerben und Arbeitskräfte nach Deutschland holen. Doch auch diese bräuchten Wohnungen, Ärzte, Schulen und Kindergärten. Wir erwarten von den Parteien, dass sie sich um mehr bezahlbaren Wohnraum, bessere medizinische Versorgung und die Bildung kümmern. Verantwortlich für die Miseren in diesen Bereichen ist das Versagen der Politik. Geflüchtete Menschen die Verantwortung dafür zuzuschieben ist nichts als üble rassistische Hetze.
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