Seit August 2019 unterstützt unser Team abgeschobene Geflüchtete direkt vor Ort am Flughafen Lagos (Nigeria). Mit unserer „Schutzwohnung“ bieten wir Betroffenen eine sichere Anlaufstelle unweit des Flughafens. Refugees4Refugees setzt sich in Deutschland für die Rechte geflüchteter Menschen ein. Wir stehen solidarisch an der Seite der von Flucht und Abschiebungen betroffenen Menschen. Ikenna Nzube unterstützt seit seiner eigenen Abschiebung im Oktober 2022 andere Betroffene direkt nach ihrer Abschiebung am Flughafen Lagos und im Anschluss in unserer Schutzwohnung. Im Juni 2024 haben wir mit Ikenna über seine Erfahrungen gesprochen:
„Wenn ich ein bisschen deutsch mit ihnen spreche, fällt es ihnen leichter hier anzukommen. Die Leute wohnten nicht nur in Deutschland, die lebten dort. Sie haben hier keine Möglichkeit irgendwo hinzugehen. Sie sind hier gestrandet. Ich kann sie hier unterstützten. Wenn Sie hier ankommen, können Sie erstmal mit Ihrer Familie telefonieren, etwas Essen und Trinken und wir organisieren die Weiterfahrt. In jedem Fall können sie hier einige Tage bleiben. In besonderen Fällen auch länger.
Wenn du hier ankommst hast du nichts. Die Lage in Lagos ist schlecht, ohne Geld kannst du hier nichts machen, du kannst dir hier kein Leben aufbauen. Und du weißt nicht wo du hingehen sollst.
Die Leute werden hier in Lagos am Eingang vom Flughafen abgesetzt. Ein- bis zweimal im Monat kommt ein Flugzeug aus Europa mit 20-40 Abgeschobenen. Niemand will ihnen helfen wenn sie hier ankommen. Im Flughafenbereich werden Geschäfte gemacht, dort ist kein Platz für Menschen, die akut Unterstützung brauchen. Die Leute sind frustriert und können in dem Moment nicht entscheiden, wie es weiter gehen soll. Manchmal sind es Frauen mit Kindern oder eine ganze Familie oder Kranke. Ich erinnere mich an eine Frau, mit vier Kindern dabei. Nur wir sind dort hingegangen, um sie zu unterstützten. Wir hauchen den Menschen wieder Leben ein. Als erstes gebe ich ihnen mein Telefon, damit sie überhaupt mal ihre Familien und Freunde anrufen können, die noch gar nicht wissen, dass sie abgeschoben wurden. Manche haben niemanden, sie können nicht zurück zu ihren Familien.
Ich erzähle ihnen von meiner eigenen Abschiebung, und dann verstehen sie, dass ich ihre Situation gut kenne und dass sie sich auf meine Unterstützung verlassen können. Was ich durchgemacht habe hier, war wirklich nicht einfach und ich weiß sehr gut, wie es den Leuten jetzt geht. Die Leute erzählen mir ihre Geschichte und ich erzähle ihnen meine. Ich kam hier selbst in einem schlechten gesundheitlichen Zustand an und ich erkläre ihnen, dass auch eine schlechte Situation, wie die ihre jetzt, nicht für immer ist. Ich sage ihnen, dass das Leben hier nicht zu Ende ist. Sie können sich hier ein paar Tage ausruhen und dann unterstütze ich sie dabei, sich wieder einen Plan für ihr weiteres Leben zu machen.
Ich zeige den Leuten die Schutzwohnung. Wenn es zuviele Leute werden, dann können wir ihnen eine andere Wohnung mieten. Die Frauen und Kinder haben eine eigene Wohnung, die Männer schlafen außerhalb.
Eine Frau war dabei, die hier wirklich Probleme gemacht hat. Sie hat mich auch angegriffen. Die Zeit war extrem anstrengend. Zum Glück konnten wir die Situation klären. Wir haben einen Platz in ihrer Heimat gefunden und haben ihr die Reisekosten dort hin bezahlt.
Um in Nigeria leben zu können müsste sich hier alles verändern. Wir bekommen keine Unterstützung vom Staat, wir machen das alles selbst. Die Leute hier glauben du wurdest abgeschoben, weil du Kriminell warst, weil du gestohlen hast oder so. Ich erkläre ihnen, dass es von deinen Dokumenten abhängt. Wenn du die falschen Dokumente hast wirst du abgeschoben.“
Ikenna Nzube lebte in Straubing bei München und wurde im Oktober 2022 abgeschoben. Refugees4Refugees unterstützt ihn dabei in Nigeria Zugang zu medizinischen Behandlungen zu bekommen.
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