In der LEA Ellwangen wurden alle Bewohner*innen auf Corona getestet, fast die Hälfte positiv. Aus dem Lager werden chaotische Maßnahmen berichtet.

Letzte Woche wurden Leute ohne viel Worte aus ihren Zimmern geholt und in den neu eingerichteten Isolationstrakt gebracht, ein bis dahin leerstehendes Gebäude. Auch dort sind bis zu fünf Menschen in einem Zimmer zusammengepfercht. In diesen Trakt wurden auch neue, offenbar infizierte, Leute gebracht. Soll die LEA Ellwangen zum Corona-Isolationszentrum werden, fragen seither einige Bewohner*innen.

Aufteilung des Lagers

Zur Zeit ist die Aufteilung des Lagers im Gange: Block 92 und Block 93 wurden zusätzlich zu Isolationstrakten erklärt. Block 94 und Block 96 gelten noch als nicht isoliert. Block 95 hat einen Zwischenstatus. Als Herr A. am Montagmittag, 13.4.2020, in die Kantine zum Essen gehen wollte, fragte ihn ein Security-Mitarbeiter: „Welcher Block?“. Herr A.:“Block 95“. Und die Antwort: „Dann dürfen Sie nicht mehr in die Kantine. Der ganze Block 95 ist infiziert. Sie müssen draußen essen. Nur Block 94 und 96 dürfen in die Kantine.“ So erfuhr Herr A. ganz nebenbei, dass sein Test aus der letzten Woche angeblich oder tatsächlich positiv war. Etwas Schriftliches hat er nicht bekommen, alle anderen positiv getesteten auch nicht. Nicht nur Herr A. fragt sich, ob er wirklich infiziert ist, oder ob es vielleicht organisatorisch einfacher war, gleich den ganzen Block 95 für infiziert zu erklären.

Kein Schutz vor Corona

Viele Bewohner*innen sind sowieso schon traumatisiert, jetzt kommt die Angst vor Corona dazu. Die Anspannung steigt. Manche Bewohner*innen verstehen auch nicht, warum sie krank sein sollen, da sie keinerlei Symptome haben. Ein positiv getesteter Isolierter wurde wegen auffälligen Hustens ins Krankenhaus gebracht, dann als Nicht-Corona-Fall wieder entlassen, aber wieder in den Coronatrakt verbracht. Das versteht niemand. Verschwörungstheorien kursieren. Allgemeine Empfehlungen zu Hygiene und Abstand-Halten können angesichts der beengte Verhältnisse in den Mehrbettzimmern und der Massenverpflegung in der Kantine nicht ernst genommen werden. Von besonderen Hygienemaßnahmen ist nichts zu merken. Vor der Ausgangssperre hatten Bewohner*innen selbst Desinfektionsmittel für ihre Zimmer gekauft. Diese sind inzwischen aufgebraucht. Die Lagerleitung stellt keine neuen zur Verfügung. Selbst die Desinfektionsmittel-Spender für die Hände am Kantineneingang werden nicht mehr aufgefüllt. Schutzmasken bekommen die Bewohner*innen vor allem, um die Mitarbeiter*innen von Informationsbüro und Küche zu schützen.

Erste Proteste

Über die Situation im Lager erfahren die Bewohner*innen weniger als die lokale Presse. Am 11. April haben deshalb Bewohner*innen in einem ersten Protest mehr Informationen eingefordert. Dass der ganze Block 95 infiziert sei, wurde ihnen da aber nicht gesagt.

In der LEA gibt es nur an einem Ort, in der Nähe der Küche, WLAN mit Internetzugang. Dieser ist für die Isolierten nicht mehr zugänglich. Sie können ihre SIM-Karten nicht mehr aufladen. Bald sind sie komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Das wird die Verunsicherung steigern, Verschwörungstheorien befördern und die Spannungen werden weiter zunehmen.

Unsere Forderungen

Wir fordern die Lagerleitung, namentlich Herrn Bertholt Weiß, auf, sofort alle Bewohner*innen individuell schriftlich über ihr Testergebnis zu informieren und die Bewohner*innen mit einem schriftlichen und öffentlichen Statusbericht (Anzahl der Infizierten, durchgeführte und geplante Maßnahmen, etc.) auf dem Laufenden zu halten.

Den Bewohner*innen müssen sofort und kostenlos Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt werden.

Allen in der LEA muss die Kommunikation mit Menschen, denen sie vertrauen, ermöglicht werden. Wir fordern freien Internetzugang für alle Isolierten. In den Isolationstrakten muss WLAN zur Verfügung gestellt werden. Bis es soweit ist, müssen alle Isolierten SIM-Karten-Guthaben erhalten.

Das LEA-Lager darf nicht zur Black Box werden. Wir fordern den Zugang für Journalist*innen und die Kontrolle durch eine unabhängige Beobachtergruppe.

In den LEAs darf niemand sterben. Wir fordern die sofortige Verlegung der kranken und alten Menschen in leerstehende Wohnungen oder Hotels.

Das bisherige Konzept zur Bekämpfung der Pandemie in den LEAs ist bitter gescheitert. Wir fordern die Landesregierung auf, öffentlich darzulegen, wie sie die Menschen in den LEAs vor Corona schützen will.

Dringender denn je fordern wir die Auflösung aller Lager.

 

 

3 Gedanke zu “Corona Chaos in Ellwangen”

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