Wir haben in der Auseinandersetzung um den fragwürdigen und rechtswidrigen Polizeieinsatz vom 3. Mai 2018 in Ellwangen eine wichtige Etappe erreicht. Dies war nur möglich, weil Geflüchtete  Strafbefehle nicht akzeptierten und den Mut hatten dagegen zu klagen. Ein kleiner erster Erfolg, der durch die Prozessbeobachtung, durch eine monatelange Zusammenarbeit von Engagierten aus Berlin, Stuttgart, Köln, Freiburg, Murrhardt und durch die Unterstützung von Berater*innen und Rechtsanwält*innen zu Stande kam. Noch ist allerdings nichts entschieden, aber es ist etwas in Bewegung gekommen.

Was hat das Amtsgericht in Ellwangen beschlossen: 

Verfahren aufgehoben: Drei Verfahrenstermine am Amtsgericht Ellwangen wurden vom zuständigen Richter aufgehoben.

Schutz der Wohnung: Der Richter bezieht sich u.a. auf das Urteil vom Verwaltungsgericht Hamburg vom 15.02.2019 (Urteil vom 15.2.2019, 9 K 1669/18)

Fehlender Durchsuchungsbeschluss: „Nach der Auffassung des Gerichts handelt es sich dem Schreiben zufolge bei den Zimmern in der Lea nämlich um grundgesetzlich geschützte Wohnungen, und die Flüchtlinge gelten als Wohnungsinhaber. Das Hausrecht über diese Zimmer habe demnach nicht der Leiter der Einrichtung, sondern der jeweilige Bewohner. Nach Auffassung des zuständigen Richters hätte es also eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses bedurft. Den gab es aber nicht. Wenn aber die Durchsuchung nicht rechtmäßig gewesen ist, dann hätten sich die Angeklagten auch nicht strafbar gemacht.“  „Es gebe unterschiedliche Rechtsauffassungen über die Rechtmäßigkeit des Einsatzes von damals, sagt Norbert Strecker, der Ellwanger Amtsgerichtsdirektor. Sein Kollege habe Zweifel angemeldet. „Diesen Zweifeln wird jetzt nachgegangen.““ (Stuttgarter Zeitung 12. März)

Verwaltungsgericht Stuttgart: Vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht ist noch ein Verfahren wegen dem Polizeieinsatz vom 03.05.2018 anhängig, das wolle man ebenfalls abwarten.

Flyer 14. Marz 2019 – Ellwangen ist zum Symbol für unseren Protest geworden!

Zusammenfassung der Redebeiträge vom 14.03.2019 in Ellwangen

Rex Osa begrüßt die Anwesenden und dankt Ihnen, dass sie trotz des Regens gekommen sind. Die Anzahl ist nicht wichtig, sondern dass Solidarität gezeigt wird und sichtbar ist. Er weist auf den Symbolhaften Charakter der Situation in Ellwangen hin, dass es exemplarisch für den Umgang mit Geflüchteten in Deutschland ist und verweist auch auf den Vorfall in Donauwörth. Weiterhin fordert er die Einstellung der Verfahren und die Freilassung aller Inhaftierten und dass Geflüchteten als Teil der deutschen Gesellschaft anerkannt werden müssen.

Eine Geflüchtete aus Ingolstadt spricht über die ungerechte Behandlung von Geflüchteten durch die Securities in den Lagern. Reporter_innen werden für Interviews nicht durchgelassen und Menschen außerhalb bekommen nicht mit, wie schlecht die Zustände innerhalb der Lager sind. Sie wollen nur gerecht behandelt werden. Ihr Sohn ist seit drei Jahren in Deutschland und noch nie im Kindergarten gewesen. Dabei wird immer gesagt, dass Kinder in Deutschland das Wichtigste seien.

Samba von Refugee Struggle aus München kritisiert die Regierung für ihren Umgang mit Geflüchteten und sagt, dass diese in Deutschland nicht wie Menschen behandelt werden. Die Polizei kriminalisiert Geflüchtete obwohl sie eigentlich neutral sein sollte. Deutsche sind in ihrer Geschichte auch schon geflohen und sollten aus diesem Kontext heraus Geflüchtete heute respektieren. Anschließend spricht er über die Ausbeutung anderer Länder durch Deutschland und dass sie überall sind, aber ein Problem damit haben, wenn andere Menschen nach Deutschland kommen.

Walter vom Antirassistischen Netzwerk Baden-Württemberg geht auf die Gesetzesverschärfungen des Asylrechts seit 2015 ein und dass das Asylsystem mit Lagern und dem Abschiebegefängnis in Pforzheim neu organisiert wurde. Diese Maßnahmen schränken die Rechte und das Selbstbestimmungsrecht von Geflüchteten immer mehr ein. Daher fordert er, dass Lager perspektivisch abgeschafft werden müssen und keiner Asylpolitik würdig sind. Anschließend wirbt er für die Lagertour in Baden-Württemberg

Adelheid Gruber vom Freundeskreis Alassa & Friends weist auf das Urteil zur Unverletzlichkeit der Wohnung hin, welches in Hamburg auch für Wohnräume in Lagern anerkannt wurde. Sie findet es wichtig, dass gerichtlich festgestellt werden muss, dass der Übergriff durch die Polizei in Ellwangen rechtswidrig war. So eine Praxis mach Angst und krank. Menschenrechte sind nicht teilbar und die Regierung müsse für die Schaffung von Fluchtursachen kritisiert werden. Später weist sie darauf hin, dass Deutschland ein koloniales und imperialistisches Land ist und dass Bürger_innen dagegen seien, aber Konzerne und die Regierung Menschen überall ausbeuten würden.

Happy von United Refugees Rights Movement aus Karlsruhe spricht über das wachsende Bewusstsein unter Geflüchteten für ihre Rechte. Für das Einstehen für diese Rechte werden Geflüchtete in Deutschland von der Polizei kriminalisiert und versucht klein zu halten. Viele Medien übernehmen diese Sichtweise, indem sie die Sichtweise der Polizei verbreiten ohne mit den betroffenen Geflüchteten in Austausch gegangen zu sein und erläutert dies am Beispiel Ellwangen.

Die Gruppe Justizwatch Berlin, vertreten durch Aino Korvensyrjä, hat in den vergangenen Jahren festgestellt, dass staatliche Gewalt gegen Geflüchtete oft im Nachhinein von der Justiz legitimiert wurde, u.a. bei den grossen Polizeieinsätzen oder Securitygewalt in süddeutschen Lagern. Der aktuelle Fall in Ellwangen zeige, dass man die Justiz auch dazu drängen kann, auf Grundrechte zu achten. Jedoch wäre es ja ihre eigenständige Aufgabe, Grundrechte von allen in Deutschland lebenden Menschen zu schützen.“

Ein Geflüchteter aus Bayern erzählte, dass er seit 5 Jahren in unterschiedlichen Lagern lebt und weder eine Schule besuchen noch einer Arbeit nachgehen darf. Dieses Grundrecht werde ihm vorenthalten. Durch diese Politik produziere Horst Seehofer psychisch kranke Menschen.

Ein weiterer Geflüchteter meint, dass Geflüchteten mehr zugehört werden müsse, da diese am Besten verstünden wie ihre Situation ist und nicht von außen beurteilt werden möchten. Geflüchtete würden ungleich behandelt, obwohl Menschen aber die gleichen Rechte haben sollten.

Die einzelnen Redebeiträge der Kundgebung in Ellwangen, können bei Radio Dreyeckland Freiburg gehört werden:                                                   https://rdl.de/beitrag/gefl-chtete-aus-vielen-st-dten-sprechen-bei-kundgebung-ellwangen

Rechtsanwalt Mertens, der zwei der Geflüchteten in ihrem Verfahren vertritt, zur aktuellen Entscheidung des Ellwanger Amtsgerichtes: https://rdl.de/beitrag/ellwangen-strafverfahren-gegen-gefl-chtete-basieren-wohl-auf-rechtswidrigem-polizeieinsatz

RegioTV: https://www.regio-tv.de/mediathek/video/richter-zweifelt-an-rechtmäßigkeit-von-großrazzia-in-ellwangen/

Pressemitteilung vom 14.03.2018 und Unterstützer*innen: https://refugees4refugees.wordpress.com/2019/03/13/pressemitteilung-zum-protest-am-14-03-2019-in-ellwangen/

Die Pressemitteilung wird von folgenden Gruppen mitgetragen:

Stoffwechsel e.V.  Karlsruhe | Aktion Bleiberecht Freiburg | Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung | Solidarity International | Julia Scheller Landesvorsitzende MLPD Baden-Württemberg | Haru Schuh Mannheim | Justizwatch Berlin | Forum Azilon – Asyl und Menschenrecht Konstanz | Daniel Tandol | Komitee für Grundrechte und Demokratie | KOP – Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt | Freundeskreis Alassa & friends | Ausbrechen | Unabhängiger Freundkreis Asyl Murrhardt | Solinet Hannover | Karawane Hamburg | Lili Mirecki | Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart & Region (AABS) | OTKM Stuttgart | IL Stuttgart | Michel Brandt MdB | Heike Hänsel MdB | Fraktionsgemeinschaft Unabhängige Listen im Gemeinderat Freiburg | Unabhängige Frauen Freiburg, Irene Vogel | AK Asyl Göttingen | FlüchtlingsCafe Göttingen | MediNetz Freiburg | MediNetz Hannover e.V | Natascha Sadr Haghighian | Ulla Jelpke MdB | URRM  Karlsruhe | Offene AntiRa Treffen Karlsruhe | iL Karlsruhe | AKI Karlsruhe Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.

Verschiedene Presseberichte 

Neues Deutschland: Großrazzia womöglich rechtswidrig                                https://www.neues-deutschland.de/artikel/1114349.ellwangen-grossrazzia-womoeglich-rechtswidrig.html

Stuttgarter Nachrichten: Richter hält Polizeieinsatz für rechtswidrig https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.grossrazzia-in-ellwangen-richter-haelt-polizeieinsatz-fuer-rechtswidrig.c12b8782-458e-4a6f-a12e-d9789565f4c3.html

Welt: Richter zweifelt an Rechtmäßigkeit von Großrazzia in Ellwangen https://www.welt.de/vermischtes/article190187479/Ellwangen-Razzia-in-Landeserstaufnahmeeinrichtung-rechtswidrig.html

SWR: Gericht zweifelt an Rechtmäßigkeit von Razzia in LEA Ellwangen https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/ulm/Polizeieinsatz-in-Landeserstaufnahmeeinrichtung-Gericht-zweifelt-an-Rechtmaessigkeit-von-Razzia-in-LEA,lea-ellwangen-114.html

Schwäbisches Tagblatt: Razzia von Ellwangen im Zwielicht https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Razzia-von-Ellwangen-im-Zwielicht-407580.html

Refugees challenge their sentences: Ellwangen March 14 hearings are cancelled! Demonstration will take place!                  http://cultureofdeportation.org/2019/03/11/ellwangen-14032019/

der Freitag: Remember Ellwangen                                          https://www.freitag.de/autoren/elsa-koester/remember-ellwangen

Stuttgarter Zeitung: Richter hält Polizeieinsatz für rechtswidrig         https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.grossrazzia-in-ellwangen-richter-haelt-polizeieinsatz-fuer-rechtswidrig.3990de4f-c987-448f-9cc7-b5569de7982c.html

Regio-TV: Richter zweifelt an Rechtmäßigkeit von Großrazzia in Ellwangen https://www.regio-tv.de/mediathek/video/richter-zweifelt-an-rechtm%C3%A4%C3%9Figkeit-von-gro%C3%9Frazzia-in-ellwangen/

Ellwangen: Polizeieinsatz möglicherweise rechtswidrig – Flüchtlingsunterkunft kein rechtsfreier Raum                                      https://bleiberecht.mtmedia.org/2019/03/12/ellwangen-polizeieinsatz-moeglicherweise-rechtswidrig-fluechtlingsunterkunft-kein-rechtsfreier-raum/

Junge Welt: »Sprung aus dem Fenster als Widerstand ausgelegt«  https://www.jungewelt.de/artikel/350951.sprung-aus-dem-fenster-als-widerstand-ausgelegt.html

taz: Razzia in Ellwangen wohl rechtswidrig                                   http://www.taz.de/Strafbefehle-gegen-Fluechtlinge-aufgehoben/!5580756/

Darf man die historische Rolle der Ellwanger Mühlberg-Kaserne bei der Einrichtung einer Landeserstaufnahmeeinrichtung außer Acht lassen?                           

Die Ellwanger Mühlberg-Kaserne steht für Militarismus, Wehrmacht, SS, Verfolgung während der NS-Zeit, Einrichtung von Außenstellen von Konzentrationslagern und  auch für die Remilitarisierung der Bundesrepublik Deutschland. Erst 1968 wurde sie in Reinhardt-Kaserne umbenannt. Seit 2015 befindet sich auf dem 1960 erweiterten Gelände der Kaserne die Landeserstaufnahmeeinrichtung. https://www.aktionbleiberecht.de/?p=16039

Zur Erinnerung Stimmen von Politiker im Mai 2018 zur Polizeirazzia in der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Ellwangen: 

MP-Kretschmann in der Welt am 05.05.2018: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) lobte das Vorgehen der Polizei.                                                                                                                                 Kretschmann sagte beim Parteitag der Südwest-Grünen in Leinfelden-Echterdingen (Landkreis Esslingen), die Ordnungskräfte hätten die schwierige Situation entschlossen und besonnen gelöst. „Das ist der richtige Weg.“  Kretschmann-zu-Polizeieinsatz

Daniel Lede Abal – Die Grünen in Huffpost vom 03.03.2018: „Der migrationspolitische Sprecher und Vize-Fraktionschef der baden-württembergischen Grünen, Daniel Lede Abal, hat die Übergriffe von Flüchtlingen auf die Polizei in Ellwangen “in aller Entschiedenheit” verurteilt.“ (…) Das entschiedene Vorgehen der Einsatzkräfte, die am Donnerstagmorgen die Landeserstaufnahmestelle in Ellwangen gestürmt hatte, bewertete Lede Abal trotzdem als “konsequent”. Die Polizei habe “mit angemessenen Mitteln reagiert”. Für die Grünen ist klar: Alle Abschiebungen basieren auf rechtsstaatlichen Entscheidungen. “Und der Rechtsstaat wird dies auch in Zukunft mit entsprechenden Mitteln durchsetzen”, sagte Lede Abal der HuffPost. Ellwangen-fluechtlingsheim-polizeieinsatz

Anton Hofreiter, Fraktionschef der GRÜNEN am 03.05.2018 bei focus:  „Die Grünen haben nach dem Großeinsatz in einer Unterkunft für Asylbewerber in Ellwangen die Polizei verteidigt. Frust über eine mangelnde Bleibeperspektive rechtfertige keine Gewalt, sagte Bundestags-Fraktionschef Anton Hofreiter am Donnerstag in Weimar. „Die Polizei hat die Aufgabe, Regeln und Gesetze durchzusetzen. Und an diese Regeln und Gesetze müssen sich alle halten.“ der-einsatz-laeuft-erneut-polizeieinsatz

IM Strobl am 03.05.2018 in den Stuttgarter Nachrichten: „Mit ihrer besonnenen Reaktion in der Landeserstaufnahme in Ellwangen habe die Polizei in der Nacht zum Montag eine Eskalation der Lage verhindert, sagt Innenminister Thomas Strobl. Wir fahren eine Null-Toleranz-Strategie. Jeder muss sich bei uns an Recht und Gesetz halten. Deshalb ist es notwendig, auch vermeintliche „Kleinigkeiten“ wie eine Beleidigung gegenüber Mitarbeitern der Flüchtlingsbetreuung zur Anzeige zu bringen. Damit machen wir unmissverständlich klar: Unsere Regeln sind einzuhalten. Es gibt in Baden-Württemberg keine rechtsfreien Räume und es wird auch in Zukunft keine geben. Und es gilt ganz klar: Wir wehren schon den Anfängen.“  wir-fahren-eine-null-toleranz-strategie

Seehofer am 03.05.2018 in der Frankfurter Allgemeine Zeitung: Er stehe „politisch voll hinter den Maßnahmen der baden-württembergischen Sicherheitsbehörden und der Polizei“. „Diese Dinge müssen mit aller Härte und Konsequenz verfolgt werden.“                                                                                                  Seehofer kündigte auch an, das Innenministerium werde die Vorgänge in Ellwangen „sehr genau verfolgen“ und „nach dem Vorliegen der Einzelheiten überlegen, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind“.                                                                              Seehofer wörtlich bei der Pressekonferenz: „Diese Dinge müssen mit aller Härte und Konsequenz verfolgt werden, die zuständigen Stellen haben dabei meine volle Unterstützung“ (also auch die Staatsanwaltschaft! Anmerkung Verf.) ellwangen-als-schlag-ins-gesicht-der-rechtstreuen-bevoelkerung

Wie bedanken uns für die anhaltende Solidarität !

Der Kampf geht weiter.  1

 

Ein Gedanke zu “Ellwangen: Weiterkämpfen für Grund- und Menschenrechte für alle! Bericht vom Protest am 14. März 2019.”

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